TEIL FÜNF EL FIN DEL MUNDO
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Das erbärmliche Jammern des jungen Mädchens hallte durch das große Steinhaus. Sie hieß Mariella und lag zusammengerollt auf dem Bett, das Kissen blutig, nachdem er sie ins Gesicht geschlagen hatte.
»Halt’s Maul«, bellte Dominic Cavello, wickelte den Bademantel um sich und trat ans Fenster, wo er die Läden öffnete, um das letzte Tageslicht hereinzulassen. »Besser ich als irgendein unerfahrener Bauerntölpel, meinst du nicht? Oder vielleicht dein Vater, wenn er zu viel Bier gesoffen hat. Oder ist dein Vater schon dein Liebhaber?«
Ein brauner Dunstschleier hatte sich über das Tal gelegt. Der Winter ließ nicht mehr lange auf sich warten. Alles würde sich ändern. Die Weiden würden mit Schnee bedeckt sein, und monatelang würde der eisige Wind um ihre Ohren peitschen. Cavello fröstelte schon bei dem Gedanken daran.
Trotzdem war es das wert – alles, was er aufgegeben hatte, um frei zu sein. Er hatte die größte Ranch in dieser Gegend. Das Auslieferungsabkommen mit den USA stand auf wackligen Beinen und wurde, falls überhaupt, nur selten auf die Probe gestellt. Jeder, der in der örtlichen Regierung was galt, stand auf seiner Gehaltsliste. Er war sicher.
Und im Gefängnis von Marion gab es keine
derartigen Köstlichkeiten wie die junge Mariella.
Ein paar Leibwächter mit Maschinengewehren lungerten am Zaun neben
einem seiner Range Rover herum und tranken Kaffee. Als sie das
Mädchen hörten, blickten sie hoch zu Cavello. Schwierig zu sagen,
was sie dachten, aber das war Cavello ohnehin egal.
»Ich habe gesagt, du sollst aufhören zu flennen.« Er ging zum Bett
zurück. »Du hörst dich wie eine Henne an. Ist es das, was du willst
– bei den anderen Hühnern im Stall schlafen? Oder willst du
vielleicht«, er band seinen Bademantel auf und spürte, wie er
wieder zum Leben erwachte, »noch mal mit Daddy vögeln?«
Sie richtete sich auf und verfluchte Cavello auf Spanisch. Bei dem
Schlag, den Cavello ihr mitten ins Gesicht verpasste, platzte ihre
Lippe auf. Er ließ den Bademantel nach unten rutschen und drückte
das Mädchen aufs Bett. Sie wehrte sich, doch er packte sie an den
Handgelenken, betrachtete ihre perfekten Brüste, ihre junge Muschi.
»Ja, ich glaube, das ist es, was du brauchst.«
Plötzlich hörte er, wie unten jemand rief, dann wurde laut an seine
Schlafzimmertür geklopft.
»Wer ist da?«, schnauzte Cavello.
»Ich bin es, Lucha, Don Cavello.«
»Was willst du? Du weißt, ich bin beschäftigt.«
»Es gibt leider ein kleines Problem, Señor«, rief Lucha durch die
Tür.
Lucha war auf der Ranch für die Sicherheit zuständig. Er überwachte
die Männer unten, die nachts mit den Hunden patrouillierten. Alle
Polizisten in Ushuaia standen auf Luchas Gehaltsliste. Er selbst
war ein Expolizist aus Buenos Aires.
Cavello stemmte sich hoch, band seinen Bademantel wieder zu und
öffnete die Tür. »Du machst mich sauer. Das ist keine gute Idee,
Lucha. Was für ein Problem?«
»Der Vater des Mädchens. Er ist im Haus und will das Mädchen sehen,
Don Cavello.«
»Zahl ihn aus.« Cavello zuckte mit den Schultern. »Lass ihm von
Esteban ein oder zwei Tage freigeben. Ich bin jetzt
beschäftigt.«
»Señor Cavello, diesmal ist es anders«, beharrte Lucha. »Das
Mädchen ist fünfzehn.«
»Schwein, verdammtes!«, drangen die wütenden Schreie des Vaters von
unten herauf.
Mariella huschte vom Bett. »Papa!«, rief sie. Cavello packte sie,
doch sie machte sich frei und rannte zur Tür.
»Diese Sache lässt sich nicht so einfach erledigen, Don Cavello«,
fuhr Lucha fort. »Wenn das bekannt wird, zieht das die
Aufmerksamkeit auf Sie.«
Jeder konnte hören, dass der Landarbeiter ihn ein Schwein und seine
Tochter eine Hure schimpfte.
»Bring ihn her«, befahl Cavello. »Ich werde selbst mit ihm
reden.«
»Don Cavello?«
»Bring ihn her!«
Lucha nickte, und zwei seiner Männer zerrten den stämmigen Arbeiter
herein. Voller Wut funkelte er Cavello mit seinen dunklen Augen an
und spuckte auf den polierten Holzboden.
»Er sagt, er ist jetzt tot für die Welt, Don Cavello. Und Sie
auch.«
Cavello blickte in die wütenden Augen des Arbeiters, während er
Mariellas schlanken Rücken streichelte. »Er hat Recht, Lucha. Es
ist falsch, ihn dieser Schande zu überlassen. Erfülle dem Mann
seinen Wunsch.«
»Seinen Wunsch, Don Cavello?« Lucha war unsicher.
»Töte ihn. Erschieße ihn. Begrabe ihn.«
»Nein!«, fuhr das Mädchen auf. »Nein, Señor, nein!« Sie fiel auf
die Knie und flehte ihn auf Spanisch an.
Lucha zögerte. Er wurde gut dafür bezahlt, Cavellos Wünsche zu
erfüllen, und er würde tun, was getan werden musste. »Damit ist das
eine Problem beseitigt, Don Cavello.« Er nickte in Richtung des
Mädchens. »Aber was ist mit dem anderen?«
Cavello blickte enttäuscht zur wunderschönen Mariella. Er wusste,
dass er so eine wie sie nicht mehr finden würde.
»Töte sie auch. Besser noch, ich töte sie selbst. Irgendwann.«